Schlagwort: Wärmerückgewinnung

Auswirkungen schlechterer Gebäudeeffizienz auf Anzahl und Stromverbrauch von Wärmepumpen (eigene Darstellung auf Basis von Consentec et al. 2022)

Die Treibhausgasemissionen des Gebäudesektors müssen laut Klimaschutzgesetz bis 2030 auf 67 Millionen Tonnen gesenkt werden. Das entspricht einer Reduktion um 44 Prozent gegenüber 2020. Um dieses Ziel zu erreichen, soll eine Mischung aus Erneuerbaren Energien und verbesserter Gebäudeeffizienz eingesetzt werden. Wie diese beiden Handlungsfelder gegeneinander ausbalanciert werden, ist Gegenstand aller aktuellen Szenarioberechnungen. In den Langfristszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums wurden zwei Szenarien gegenübergestellt, um den Einfluss der Gebäudeeffizienz besser zu verstehen (Consentec et al. 2022). Beide Szenarien setzen einen starken Fokus auf Wärmepumpen. Im Szenario T45-Strom (Kürzel für „Treibhausgasneutralität 2045 mit hohem Anteil an Erneuerbarem Strom“) werden sehr ambitionierte Dämmstandards unterstellt. Sanierungen orientieren sich am Effizienzhaus-55-Niveau. Dies entspricht etwa dem aktuellen Anforderungsniveau an Einzelmaßnahmen in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Gleichzeitig steigt die Sanierungsrate und der Anteil von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Außerdem gehen 30% der Sanierungen über das gesetzliche Anforderungsniveau hinaus und orientieren sich am Effizienzhaus-40-Niveau. Durch diese Maßnahmen geht der Nutzwärmeverbrauch bis 2030 um 13% gegenüber 2020 zurück und beträgt 474 TWh. Diesem Szenario wird das Szenario T45-RedEff (Kürzel für „Treibhausgasneutralität 2045 mit reduzierter Effizienz“) gegenübergestellt. Hier orientieren sich die Sanierungsanforderungen am Niveau eines Effizienzhauses 70, wie es im Koalitionsvertrag (2021) vorgesehen ist. Die Sanierungsrate und die Anteile von Übererfüllungen der Anforderungen und Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung bleiben hinter dem Szenario T45-Strom zurück. Der Nutzwärmeverbrauch sinkt bis 2030 um 9% auf 505 TWh.

Es stehen nur wenige Technologie-Optionen für die Wärmeversorgung zur Verfügung:

  • In beiden Szenarien ist bereits ein äußerst ambitionierter Ausbau von Wärmenetzen unterstellt. Er wird zwischen den Szenarien nicht variiert, weil er nicht weiter gesteigert werden kann.
  • Erneuerbare Brennstoffe, wie synthetischer Wasserstoff oder synthetisches Methan (PtG), stehen dem Gebäudesektor in diesen Szenarien nicht zur Verfügung. Ihr Einfluss wurde ebenfalls in den Langfristszenarien untersucht, jedoch in zwei anderen Szenarien (T45-PtG/PtL und T45-H2). Sie können zur Zielerreichung in 2030 beitragen und den Zusammenhang zwischen Gebäudeeffizienz und Wärmepumpen-Anzahl abmildern, jedoch muss der Hochlauf dieser Technologien dazu weit ehrgeiziger sein als bisher vorgesehen (BMWi 2020). Insgesamt ist der Einfluss Erneuerbarer Gase auf die Erreichung des 2030-Ziels jedoch sehr begrenzt.
  • Wärmepumpen sind – trotz aller bekannten Hindernisse – die flexibelste Option. Sie können Heizkessel ersetzen, wenn deren Nutzungsdauer abgelaufen ist. Dabei sind sie relativ unabhängig von Vorbedingungen beim Infrastrukturausbau und können räumlich und zeitlich flexibel dort eingebaut werden, wo fossile Kessel turnusmäßig auszutauschen sind.

Um das Sektorziel im Jahr 2030 einzuhalten, müssen in T45-Strom 5,7 Mio. Wärmepumpen installiert werden. Darunter sind 0,34 Mio. Hybrid-Wärmepumpen. Sie werden in Gebäuden eingesetzt, die zum Zeitpunkt des Einbaus noch nicht ausreichend für den alleinigen (monovalenten) Betrieb einer Wärmepumpe vorbereitet sind (siehe Kapitel 3.4). An besonders kalten Tagen springt dann ein Gasheizkessel zur Unterstützung der Wärmepumpe an. Nachteil dieser Hybrid-Wärmepumpen ist – neben den höheren Investitionskosten -, dass der Brennstoff Gas voraussichtlich nicht bis zum Ende ihrer Nutzungsdauer verfügbar sein wird. Durch die ambitionierte Dämmung der Gebäude wird ein monovalenter Betrieb der Wärmepumpen sukzessive möglich und der Gaskessel wird überflüssig. Um bis 2030 eine Anzahl von 5,7 Mio. Wärmepumpen zu erreichen, muss ab 2024 mindestens jeder zweite neu installierte Wärmeerzeuger eine Wärmepumpe sein. Dieser grundlegende Umbau des Heizungsmarktes ist bereits in der Wärmepumpen-Offensive des Bundeswirtschaftsministeriums vorgesehen (BMWK 2022a). In den sehr gut gedämmten Gebäuden in diesem Szenario setzen die Wärmepumpen den Strom besonders effizient in Wärme um.